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Besuch im letzten Domizil des großen Theater-Ehepaares

Ausstellungstipp

1948 kam Bert Brecht zur Inszenierung seiner „Mutter Courage“ aus dem Exil nach Berlin. Der Stadtrat unterstützte seine Übersiedlung im Blockade-Jahr aus – O-Ton – „propagandistischen“ Gründen. Er bekam ein eigenes Theater, wohnte mit Helene Weigel zunächst in einem stehen gebliebenen Wirtschaftstrakt im Adlon, dann in einem Haus in Weissensee, ab Oktober 1953 schließlich in der Chausseestraße 125, zehn Minuten vom Berliner Ensemble entfernt. Die Brecht-Weigel-Wohnungen mit Blick auf Französischen und Dorotheenstädtischen Friedhof sind für den Besucher zu jeder vollen und halben Stunde im Rahmen der Öffnungszeiten zugänglich.

Brecht bewohnte drei Hinterhausräume im 1. Stock des Biedermeierbaus, Weigel, die bis zu ihrem Tod 1971 von ihrem riesigen Bett im Schlafzimmer aus die Intendanzgeschäfte des BE führte, zunächst den 2. Stock.

Durch eine als Teeküche genutzte Kammer betritt man zunächst das langgestreckte Lesezimmer Brechts. Zwei Sessel, Lampe, Tisch. Eine alte Bibliotheksleiter. Die Fensterfront zeigt auf den Friedhof. Bücherregale nehmen fast die ganze gegenüberliegende Seite ein. Gegenüber der Tür drei japanische Nô-Theater-Masken. Ostasiatische Kunst ist ein Leitmotiv dieser Wohnung. Brecht hatte in den 30er Jahren ein Gastspiel Mei Lanfangs in Moskau gesehen und aus dessen Spiel seine Theorien zum Epischen Theater entwickelt.

An das Lesezimmer schließt sich ein riesiger Arbeits- und Besprechungsraum mit zwei Schreibmaschinen, alten Möbeln und zwei je 1 m hohen, gotischen Altarfiguren, Maria und Johannes, an. Daneben auf dem Sekretär Porträts von Marx und Engels. Schließlich die kleine Schlafkammer. Auf dem Stuhl am Bett, in dem Brecht 1956 starb, verstauben „Neues Deutschland“ und „New York Herald Tribune“, die beiden Zeitungen, die er abonniert hatte.

Eine enge Treppe führt ins Erdgeschoss. Helene Weigel bezog es nach dem Tod ihres Gatten. Sie ließ einen Wintergarten anbauen. Eine mehr als spartanische Sitzgruppe mit grobem Rupfenbezug. Vor allem aber Schränke, Wandborde voller Löffel und Krüge, irdener Schüsseln und Teller. Die Wienerin sammelte leidenschaftlich alte Küchengeräte. Sie wirken wie Hausrat der Mutter Courage. Dazwischen Coriolans eindrucksvolle Ledermaske aus der berühmten Wekwerth-Inszenierung von 1964, in der die Weigel später die Volumnia übernahm. Gegenüber zwei weitere, einfachere Ledermasken und das Aquarell einer Szene aus „Mit Pauken und Trompeten“.

An Helene Weigels barocken Bücherschränken geht es vorbei in ihr Schlaf- und Audienzzimmer, schließlich in die Küche, die sie so sehr liebte. Eine Gründerzeitanrichte, ein alter DDR-Kühlschrank, die Spüle, die wohl in ihren letzten Lebensjahren erneuert wurde. Alt aber ist ihr vierflammiger Gasherd. Darüber, von Kinderhand genäht, ein brauner Filzhandschuh als Topflappen. Darauf gestickt ihr Kosename: „Heli“. Gegenüber ein alter Stoffkalender. Er zeigt Weigels Sterbejahr: 1971.

Es ist eine seltsam spartanische Welt, in die man da eintaucht. Mit allen Zeichen der Mangelwirtschaft und aller Liebe zur Gemütlichkeit jener alten, imperialistischen Zeit, die man durch eine „neue Welt“ ersetzen wollte. Boris Kehrmann

Brecht-Weigel-Gedenkstätte, Chausseestraße 125, Eintritt nur mit Führung, alle 30 Minuten: Di-Fr 10-11.30; Di auch 14-15.30; Do auch 17-18.30; Sa 10-15.30 Uhr; So 11-18 Uhr (stündlich)