20 Jahre Puppentheater-Museum Berlin
Ausstellungstipp„Handyladen, Handyladen, Handyladen, Döner und dann: das Puppentheater-Museum, hier in an der Karl-Marx-Straße in Neukölln: ein Kleinod.“ So die Neuköllner Bezirksbürgermeisterin Dr. Franziska Giffey in ihrer Rede zur Feier des 20jährigen Bestehens des Museums am 20 Mai 2015.
Seit 1995 also existiert das Puppentheater-Museum in der Karl-Marx-Straße 135, jährlich kommen ca. 4000 Besucher, Kinder und Schulklassen, Studenten der Sozialpädagogik und Menschen, die einfach in die fantastische Welt der Marionetten, der Stock- und Stabfiguren, der Hand- und Schatten-Puppen entführt werden wollen. Herz und Kopf des Berliner Puppentheater Museums, welches ein weit gefächertes museumspädagogisches Programm anbietet, ist Nikolaus Hein. Seine umfangreiche Sammlung (über 20.000 Exponate) – von der in der Ausstellung immer nur ein geringer Teil gezeigt werden kann – umfasst Puppen aus Europa und Asien aus insgesamt fünf Jahrhunderten.
Beim Fest zum 20jährigen Bestehen bedankte sich Nikolaus Hein nicht nur bei seinem Team, beim Bezirksamt Neukölln, das seit dem Jahr 2000 die Miete für das Museum übernimmt, sondern ebenfalls bei der Theatergemeinde Berlin. Denn diese erfüllte dem Puppenspieler und –sammler den Wunsch, zwei neue Theaterpuppen bauen zu lassen, welche bei der museumspädagogischen Arbeit eingesetzt werden sollen.
Die Figurenbauer Barbara und Günter Weinhold haben diese geschaffen und berichten von der Entstehung: „Zunächst erzählte uns Nikolaus Hein von seinen Vorstellungen – ein witziges Paar wollte er, so ein wenig in der Art „spießiges Ehepaar“. Dann entstanden von unserer Seite die ersten Skizzen und die Technik wurde besprochen. Im Fall des gerade geschaffenen Ehepaares handelt es sich um ca. 70 cm hohe Puppen, die auf einer Bank sitzen. Köpfe, Hände und Beine sind aus Holz. Die beiden haben Magnete im Po – damit sie nicht von der Bank fallen. Sie werden bedient, indem man von hinten durch die Bank greift, können ihre Münder öffnen und so miteinander reden…“ Nur auf Nachfrage und etwas zögernd dann gestehen die Puppenbauer: „Werner und Hedwig haben wir sie genannt, aber manchmal hießen sie auch anders…“
Das tatsächlich etwas spießig wirkende, wunderbar realistisch gestaltete Paar sitzt also nun in einer Vitrine des Museums auf seiner Bank und schaut kritisch und ein wenig fragend in die Welt. Er, spitznasig, die Brille auf der Nase, den Arm um seine Gemahlin gelegt trägt Sakko und Krawatte, sie, ebenso spitznasig, die rote Perlenkette überm geblümten Kleid, legt die Hand auf sein Knie. Und mit ihnen warten wir darauf, dass Nikolaus Hein sie zum Leben erweckt. Vielleicht werden sie in der Art von Loriots auf dem Sofa sitzenden Paaren grantig, schimpfend und doch liebenswert die Welt erklären? Werden die Puppen, die sich mit ihnen im Museum befinden, betrachten und kommentieren? Die schöne Genoveva zum Beispiel, eine wunderbare Marionette aus dem 19. Jahrhundert, die - so erzählt es das alte Puppenspiel - verraten und verstoßen, sieben Jahre mit ihrem Neugeborenen im Wald ausharrt, nur von einer Hirschkuh ernährt und betreut? Oder werden die beiden das Menschliche in all den Teufeln, Hexen und Dämonen nebst ihren Großmüttern finden? Werden sie uns die Kasperlefiguren aus den verschiedensten Kulturkreisen vorstellen, deren lächelnde Gesichter nicht nur Gutes im Sinn zu haben scheinen…
1927 schrieb ein Kritiker in Berlin anlässlich einer Marionetten-Ausstellung: „Es sind Wesen wie vom Mond, seltsam und geheimnisvoll, aber von starker Realität und echtem Zauber.“ Diesen Wesen kann man in der Karl-Marx-Straße 135 begegnen. Renate Reimers