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Wintersonnenwende

Veranstaltungstipp

Wenn im Theater Weihnachten vor der Tür steht, kann man sich auf Scherben gefasst machen, gleich ob realer oder emotionaler Art. Auch im jüngsten Stück des deutschen Erfolgsdramatikers Roland Schimmelpfennig („Der goldene Drache“) geht am 23. Dezember, unmittelbar nach der Sonnenwende des kürzesten Tages, etwas zu Bruch: nämlich das links-intellektuelle Berlin-Mitte-Idyll des Elternpaares Albert (Felix Goeser) und Bettina (Judith Hofmann). Er ist ein vergeistigter Autor im rosa Rollkragenpulli, der Werke wie „Die Zukunft der Vergangenheit“ verfasst hat und gerade an einem Buch über „Weihnachten in Auschwitz“ (!) brütet. Sie trägt lässigen Designer-Chic, hat schon eine Reihe künstlerischer Modeberufe durchlaufen und verwirklicht sich jetzt mit sperrigen Experimentalfilmen selbst. Doch der gehobene Kreativ-Lifestyle schützt vor spießigen Problemen nicht. Zum Beispiel hat Bettina eine Affäre mit dem Malerfreund des Hauses Konrad (Edgar Eckert), der an der Festtafel vollmundig den Pinsel schwingt. Und dass ihre Mutter Corinna (Jutta Wachowiak) nicht nur über die Feiertage zu bleiben gedenkt, sondern auch noch eine Zufallsbekanntschaft aus dem Zug eingeladen hat, wirkt wie Brandbeschleuniger für die ohnehin gereizte Stimmung.  Zumal dieser Rudolph (Bernd Stempel) ein höchst seltsamer Zeitgenosse ist, der als Schöngeist die Ordnung preist, aber urplötzlich „Judensau“ in die Runde zischt. Regisseur Jan Bosse, der zum ersten Mal ein Stück von Schimmelpfennig inszeniert, verlegt das Festtagsgeschehen am Deutschen Theater an einen riesigen runden Tisch, umgeben von schwarzen Vorhängen (Bühne: Stephane Laimé) – was dem Geschehen Requiem-Charakter verleiht. Zu Grabe getragen wird darin, in einer sehr fein gearbeiteten, dialoggenauen und toll gespielten Inszenierung, der Glaube an das feste Fundament der Aufklärung. Wie nah auch in einem ach so geisteshellen Milieu die Nachtseiten sind – die der Nazivergangenheit oder die einer mystischen Romantik –, davon erzählt im Wesen dieses zeitlos-beklemmende Weihnachtsstück. Patrick Wildermann

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