Beyond
VeranstaltungstippDie aktuelle Show des Chamäleon lehnt sich mit Kaninchenmasken, College-Girl-Kostümen und nostalgischem Music-Hall-Flair leicht an Lewis Carrolls „Alice im Wunderland“ an. Das eigentliche Thema der acht Australier aber ist die Grenzüberschreitung. Einige Nummern tun schon beim Zuschauen weh. Wenn die baumlange Kathryn O’Keefe, eine Partnerin auf den Schultern, in Spitzenschuhen auf Spitze über die Handinnenflächen und Bäuche ihrer Kollegen schreitet, möchte man nicht unter ihr liegen. Auch das Herumwirbeln der Partnerin am Haarschopf möchte man nicht zu Hause nachspielen. Immer wieder machen sich die Akrobaten starr, lassen sich wie Jongliergerät durch die Luft werfen, dienen als Untersatz für Freiluft-Spagat oder andere leicht masochistische Kraftakte. Man kann es nicht leugnen: diese Show spiegelt Schmerz, Überlebenskampf, Aggression, die unsere Welt prägen.
Aber es gibt auch die Grenzüberschreitung zum Kindlichen. Eine der rührendsten Nummern führt Skip Walker-Milne als Teddybär an der Chinesischen Stange vor. Das ist jene glitschig glatte Stange, an der versierte Akrobaten im 90°-Winkel an die Decke gehen wie unsereiner über die Straße. Nur: Skip tut das im kuschelig-glitschigen Teddy-Flausch. Halten kann er sich nur an den Händen. Spätestens, wenn er wie ein kleiner Panda von der einen Stange zur andern möchte und Ärmchen und Beinchen nicht rüberreichen, möchte man auf die Bühne springen und helfen. Und sein Lächeln - zum Hinschmelzen. Kindchen-Schema pur.
An das Kind im Menschen appelliert auch der vor Angst zitternde College-Boy Geramy Marsden, der acht Zigarrenkisten waagerecht in der Luft hält und sich durch einen Tennis-Schläger zwängt. Darcy Grant macht Handstand auf sechs Fingern, balanciert als fescher Caféhaus-Habitué Prosecco-Gläser auf der Stirn, Billie Wilson-Coffey balanciert im Vertikaltuch 3 Meter über den Köpfen des Publikums, so man sieht, wie’s gemacht wird. Es gibt viel zu schauen, aber auch ein paar Durchhänger. bke