Ades Zabel
AusstellungstippLieben Sie Ades Zabel? Dann sollten Sie die seine Geburtstags-Ausstellung in den schicken neuen Räumen des Schwulen Museums gleich neben dem Straßenstrich am Lützowufer 73 nicht verpassen. Didaktisch ist sie zwar keine Meisterleistung. Wer sich über die im Untertitel angekündigten „50 Jahre Comedy-Cult“ informieren möchte, sieht sich einem Sammelsurium von Fan-Artikeln gegenüber, das von Ades’ Kuschelbär unter Glas bis zu Polaroid-Schnappschüssen mit Lovern und Verehren reicht. Sogar originale Bühnenbildteile und Kostümpuppen wurden aufgebaut. Eine einfache Zeittafel dagegen fehlt. Die biographische und künstlerische Entwicklung der Teufelsberger Trash-Tunte muss man sich aus den ausgestellten Dokumenten selbst zusammenreimen. Man fragt sich ja im Rückblick doch: Wie hat die Comedy-Welle damals eigentlich angefangen? Heute ist sie mit ihrem offensiv ausgestellten schlechten Geschmack ja in der Mitte der Gesellschaft angekommen und Teil jener Proll-Kultur, die sie durch den Kakao zu ziehen vorgibt.
Aufschlussreich in dieser Beziehung sind Zabels Berlin-Spandauer Geburtsurkunde und Schwarzweiss-Schnappschüsse aus seinen Twens, die einen superadretten College-Boy und Schwiegermutter-Schwarm zeigen. Er stammt offenbar aus kleinbürgerlichen Verhältnissen und muss irgendwann angefangen haben, kräftig an seinem Gitterbettchen zu rütteln, indem er von einem Extrem ins andere sprang. Mit Edith Schröder erfand er dann ja auch die kenntnisreiche Parodie jenes Milieus, von dem er sich heftig emanzipierte. Dass ihm dabei der offenbar übermäßige Konsum des in den 70er Jahren aufkommenden Privatfernsehens und einschlägiger Trash-Formate wie „Klimbim“, aber auch ernst gemeinte Vorabendserien ästhetisch den Weg wiesen, lässt die Ausstellung, wie auch alle verborgneren Hintergründe, im Dunkeln.
Beugt man sich jedoch über die Vitrinen mit Zabels Super-8-Kamera, mit der er in den 80er Jahren seine ersten Kurzfilme drehte, studiert Film-Exposés und Werbemittel für Avantgarde-Festivals und Mitternachtsvorstellungen in Schmuddelkinos, weht einen der Geist Christoph Schlingensiefs an. Genauso hat das Wunderkind aus Bottropp, der große Erneuerer der Aktionskunst selig, angefangen. Auch hier verpasst die Ausstellung die Chance, kreative Milieus aufzuzeigen. Dafür erlebt man Kritiker in Kinderschuhen. Jan Gympel ist mit einer Würdigung des Zabelschen Frühwerks von 1990 in einer sehr handgestrickt wirkenden Nischen-Zeitung ausgestellt, in der er dessen ungewaschenen Veräppelungsfuror 1000 mal vitaler findet, als all die um Seriosität bemühten Selbstfindungsdramen mehr oder weniger bemooster Filmhochschulabgänger. Immerhin wird bei der Lektüre der Film-Titel deutlich, dass Zabel in den 80ern bereits embryonal die Figuren ausprobierte und entwickelte, mit deren Pfunden er später wuchern sollte. Dann kam die Wende. Das Chaos brach aus. Die Dauerparty ging los. Alles war möglich. Und Zabels Kunst lief zu Hochform auf. Endlich konnte man so richtig trashig sein, ohne sich als White Trash zu fühlen. Die Ausstellung zeigt viele Bilder und Entwürfe, die seine berühmtesten Kreationen in Erinnerung rufen. Am schönsten sind die drei Monitore, die Zabel himself präsentieren, sowie die ausgelegten vollständigen Drehbücher seiner Filme. Boris Kehrmann
Schwules Museum, Lützowufer 73, bis 18.November, zahlreiche Sonderveranstaltungen unter www.schwulesmuseum.de, Mi-Mo 14-18 Uhr, Sa bis 19 Uhr, € 6,-