Friedrichs Montezuma: Die preußische Hofoper
Ausstellungstipp„Montezuma / ein / musicalisches Trauerspiel / welches / auf Sr. Königl. Maj. in Preussen / allergnädigsten Befehl / auf dem / Berlinischen Schauplatz / währendem / Carneval / des 1755ten Jahres / aufgeführt werden soll.“ So ist auf der Titelseite des zweisprachigen Textbuches zu lesen, das die Besucher der Berliner Lindenoper am 6.1.1755 in ihren hell erleuchteten Logen mitlasen, als dort die gleichnamige Oper auf ein französisches Textbuch Friedrichs II., in italienische Verse gebracht von Hofdichter Giampetro Taglizucchi und vertont von Carl Heinrich Graun uraufgeführt wurde. Dieses einstige „Programmheft“ wie auch das der Wiederaufnahme 1771 nebst der spießigen Rezension derselben von J.F.Borchmann kann man in der kleinen Ausstellung bewundern und nachlesen, die das Musikinstrumenten-Museum dem Werk anlässlich des 300. Geburtstages Friedrichs „des Großen“ widmet.
1728 kam der Kronprinz 16-jährig in Dresden erstmals mit der Oper in Berührung. Seither träumte er davon, ebenfalls eine Kompagnie zu besitzen. Als sein Vater starb, zweckentfremdete der junge König den Fonds, den dieser angelegt hatte, um Städte in Pommern und der Neumarkt infrastrukturell zu entwickeln. Mit den Geldern baute er stattdessen sein eigenes Opernhaus, die heutige Lindenoper. Die Betriebskosten, die 0,5% des preußischen Staatshaushaltes ausmachten (gegenüber 80% für Militärausgaben), zahlte er zum Teil aus seiner Privatschatulle. Die Tänzerin Barbarina erhielt, wie man in der Ausstellung lesen kann, 7000 Taler jährlich, die Primadonna und der 1. Kastrat jeweils 4700 Taler, Bühnenbildner Galli-Bibiena 2700, Kapellmeister Graun 2000 und Carl Philipp Emanuel Bach am Cembalo 300. In Dresden betrug die Höchstgage 2000 Taler.
Das Berliner Opernorchester (die heutige Staatskapelle) umfasste 40 Musiker. Ebenfalls ausgestellt ist die Hausordnung, die Wenzeslaus von Knobelsdorff aufsetzte. Demnach war das Parkett der Oper für Militär und bürgerliche Besucher reserviert, der 1. Rang für Bürger, der 2. für Personen des Hofes, der 3. für Minister, Beamte und den nicht hoffähigen Kleinadel, der 4. für Staatsdiener. Der Eintritt war frei, lautes Sprechen und Pochen an die Logentüren bei Strafe untersagt.
Auch die Barocke Theatermaschinerie kann man im so genannten „Folklore-Saal“ des Museums bewundern. Ein etwa 2 m hohes Modell des Mannheimer Theaters von 1800 zeigt 6 verschiebbare Kulissenpaare auf unterirdischen Wagen, 3 zum Teil bühnenbreite Versenkungen für Auftritte und Szenenwechsel von unten, sowie die drei Stockwerke tiefe Untermaschinerie. Wind-, Regen- und Donnermaschine dürfen die Besucher selber bedienen. Weiter ist nach barocken Lehrbüchern nachzulesen, wie Feuerwerke, Blitze und andere pyrotechnische Effekte auf der Bühne inszeniert wurden. Eine Quittung von 1754 belegt, dass man eigene Feuerwehrproben abhielt, um der Brandgefahr zu begegnen. Außerdem zu sehen sind Friedrichs Flöten, seine Grifftabelle für den Unterricht, sein zusammenklappbares Reise-Cembalo mit obszönen Malereien, seine Kompositionsversuche (Verzierungen von Hasse-Arien), sowie sein Briefwechsel mit seiner Lieblingsschwester Wilhelmine von Bayreuth über Opernfragen. bke
Friedrichs Montezuma. Macht und Sinne in der Preußischen Hofoper, Musikinstrumenten-Museum, bis 24.6.2012, Di-Fr 9-17 Uhr, Do 9-22 Uhr, Sa/So 10-17 Uhr, € 4,-; Wiss.Symposium 21./22.6.2012