Das Haus der Brandenb.-Preußischen Geschichte
AusstellungstippDer neueste Kulturpartner der TheaterGemeinde Berlin ist das Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte. Vom Potsdamer Hauptbahnhof gelangt man in 10 Gehminuten am erstaunlich fortgeschrittenen, erstaunlich unkitschigen Stadtschloss (Landtag) vorbei zum Neuen Markt, an dessen Längsseite im 1787-89 erbauten Königlichen Kutschpferdstall das Museum sein Domizil hat. Pferdeknechte auf dem Dach, Striegel und anderes Handwerkszeug verraten als Bauschmuck die ursprüngliche Bestimmung des klassizistischen Gebäudes. Das Innere beherbergt eine ständige Ausstellung zur brandenburgisch-preußischen Landesgeschichte im Erdgeschoss, sowie den Sonderausstellungsbereich im 2. Stock.
Theaterfans werden in der ständigen Ausstellung vor allem Alexander Schramms (1814-1864) Gemälde „Wasserpartie Berliner Künstler nach Treptow“ (1838) bewundern. Bei den „Berliner Künstlern“ handelt es sich um Mitglieder der Berliner Hofoper, die in fünf Segelbooten Spreeaufwärts schipperten, um der gastierenden Henriette Sonntag zu Ehren ein Strandpicknick zu veranstalten. Ein fescher Offizier hält dem Opernstar, der sich auf der Laute selbst akkompagniert, kniend das Notenheft. Damen mit Korkenzieherlocken und galante Biedermeierherren, alle singend, vervollständigen das atmosphärische Idyll. Ebenfalls in der Dauerausstellung zu sehen sind Reste der Scherer-Orgel (1572) aus der Bernauer St.Marien-Kirche. Wie die FDJ Musik zum Zwecke ideologischer Indoktrination einsetzte, kann man an einer Hörstation hören. Der 17-jährige Karl-Heinz Kube wurde 1966 bei der „Republikflucht“ erschossen, weil er die Beatles hören wollte. Radio-Features dokumentieren die Behinderungen halblegaler Punkkonzerte in der Brandenburgischen Provinz während der 80er Jahre. Ein erstaunlicher Film von 1959 dokumentiert aber auch den Widerstand gegen den Abriss des Potsdamer Stadtschlosses in der DDR. Freundlichere Erinnerungen wecken ein Abguss des Neuruppiner Fontane-Denkmals von 1907 und Eduard Gaertners „Klosterruine in Lehnin“ (1858), wo ein Kapitel von Fontanes gleichzeitig entstandenem Debütroman „Vor dem Sturm“ spielt.
Die Sonderausstellung im 2. Stock präsentiert bis zum 16. Juni Kunst und Kultur der Jagiellonen-Dynastie. Das im 13. Jahrhundert aus Heiratsbündnissen litauischer und polnischer Fürstengeschlechter hervorgegangene Herrscherhaus kontrollierte im 15. Jahrhundert ein Territorium, das von der Ostsee bis ans Schwarze Meer und von der Adria bis an die Grenze des Moskauer Großfürstentums reichte, also ganz Mitteleuropa umfasste. Über Eheschlüsse und Verträge war es auch mit Brandenburg verbunden.
Die Schau ist das Ergebnis 10-jähriger Forschungsinitiativen des Geisteswissenschaftlichen Zentrums Geschichte und Kultur Ostmitteleuropas an der Leipziger Universität und zeigt über 90 Werke aus Spätmittelalter und Renaissance, vor allem geschnitzte und gemalte Altäre, Gemälde, Reliquiare, Bücher und Urkunden, darunter Meisterwerke von Veit Stoß, eine hinreißende Krakauer Taufe Christi und einen betenden Marmorengel von Giovanni Maria Mosca. Theaterbezug im engeren Sinne haben die Exponate nicht. Schaut man sich aber das vielleicht schönste Werk, den Krakauer Stanislaus-Altar aus dem Warschauer Nationalmuseum, an, erkennt man in der ausdrucksvollen Gestik der Legendenfiguren bereits jene streng geregelte Gebärdensprache der Hände, die wenig später die Inszenierung barocker Opern und Schauspiele prägen wird. Boris Kehrmann
Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte, Potsdam, Am Neuen Markt 9, Di-Do 10-17 Uhr, Fr-So 10-18 Uhr, Eintritt mit TG-Ausweis € 4,- statt € 8,-