Einfach mehr Kultur erleben. Mit dem Kulturservice der TheaterGemeinde Berlin

Kundenservice Mo bis Fr 10–16 Uhr

030 21 29 63 00

Damenschuh der Tänzerin Barbara Companini, genannt Barbarina, um 1770. Staatl. Kunstzsammlungen Dresden, Foto: Hans-Peter Klut
Damenschuh der Tänzerin Barbara Companini, genannt Barbarina, um 1770. Staatl. Kunstzsammlungen Dresden, Foto: Hans-Peter Klut

"Friedrich II"

Ausstellungstipp

Friederisiko, die Jubiläums-Ausstellung zum 300. Geburtstag Friedrichs II. von Preußen, sollte man sich auf keinen Fall entgehen lassen. Erstmals seit Jahrzehnten, teils sogar seit dem 18. Jahrhundert sind 72 und damit so gut wie alle Säle des Neuen Palais am Westende der Großen Allee von Sanssouci öffentlich zugänglich. Friedrich ließ den überdimensionierten Bau nach Ende des Siebenjährigen Krieges, der Preußen an den Rand des Zusammenbruchs führte, 1763-1769 errichten, um die neu errungene Bedeutung im Konzert der europäischen Mächte zu dokumentieren. Der englische Reiseschriftsteller Charles Burney hielt das Schloss für das schönste, das er in ganz Europa gesehen habe.

Für Mitglieder der TheaterGemeinde besonders interessant dürften das von Christian Hoppenhaupt d.J. errichtete Schloss- sowie das jetzt rekonstruierte Heckentheater, die nicht weniger als drei Konzertzimmer, der so genannte Gartensalon und die Wohnung des Prinzen Heinrich, des Königs Bruders, sein. In der historischen Raumfolge der letzteren hat die belgische Künstlerin Isabelle de Borchgrave mit lebensgroßen Puppen in historischen Kostümen Szenen aus der satirischen Komödie „Der Modeaffe“ nach gestellt, die Friedrich 1742 zur Unterhaltung der Hochzeitsgäste eines seiner Günstlinge schrieb. In dem Saal, der Friedrichs Tänzerinnen gewidmet ist, kann man nicht nur deren Porträts, sondern auch ihre Tanzschuhe aus Seidendamast bewundern. Bühnenbildentwürfe, Theatermaschinerie, Kostüme und Friedrichs eigenhändigen Libretti künden von seiner Theaterleidenschaft.

Dass Friedrich sich gleich drei Konzertzimmer im Neuen Palais einrichten ließ, obwohl er nur wenige Wochen im Jahr dort zubrachte, um die königlichen Gatten seiner Geschwister aus ganz Europa zu empfangen, zeigt, welche Bedeutung dem allabendlichen Flötenspiel in seinem Tagesablauf zukam. Es scheint eine Art Seelenhygiene gewesen zu sein, wie heute bei manchen die allabendliche Jogging-Tour. Das intimste ist das kleine Kabinett in der prachtvollen Königswohnung, wo einer seiner drei schlichten Silbermann-Flügel, sein reich verziertes Notenpult, seine Flöten und Kompositionen zu bestaunen sind. Das weiß-gold-rosane Konzertzimmer im Unteren Fürstenquartier ist erstmals seit 1983 wieder zugänglich. Die fünf Darstellungen antiker Liebespaare von Jacob van Schuppen kaufte Friedrich nur, um sich über seine Erzrivalin Maria Theresia zu mokieren. Die Kaiserin hatte sie aus Prüderie aus Laxenburg rausgeschmissen. Ein Traum in Stuck und Silber ist das Obere Konzertzimmer mit dem zweiten Silbermann-Flügel.

Unerträgliche Rechthaberei und taktlose Spottlust gehörten zu den Haupteigenschaften des Philosophenkönigs, die dafür sorgten, dass alle seine Künstler- und Denkerfreude früher oder später das Weite suchten oder trotz verlockender Angebote gar nicht erst kamen. Für den vielseitigen Marquis d’Argens, zeitweilig Intendant, Schauspieler, Dramatiker Friedrichs II., ließ er neben seinen Räumen genau unter dem Schlosstheater eine Wohnung genau so einrichten, wie es der Marquis hasste. Der reiste darauf ab. Kostbarstes Kunsthandwerk und die Rekonstruktion der Tafel Friedrichs verweisen die Mär von seiner preußischen Sparsamkeit ins Reich der Legende. Boris Kehrmann

Neues Palais, Potsdam, bis 28.10.2012,
Mi-Mo 10-19 Uhr, Fr/Sa 10-20 Uhr, € 14,-