
Kabarett-Wochen "Ausgeschlafen!"
VeranstaltungstippDas Kabarett ist auch nicht mehr, was es mal war. Gut so! Nichts gegen die alte „Scheibenwischer“-Schule. Aber inzwischen ist in Deutschland eine Generation von politischen Spaßmachern am Ruder, die dem beschleunigten Irrsinn der Zeit keine Gesinnungsgewissheiten mehr entgegen setzen wollen. Sondern eher beiläufig-belustigt die Verirrungen von Volk und Vertretern bespötteln. Und sich selbst natürlich. Was für Talente diese Szene zu bieten hat – und wie vielfältig sie ist! –, das zeigen die Kabarettwochen „Ausgeschlafen!“ in der ufa-Fabrik. Die versammeln sieben der besten musizierenden und parlierenden Satiriker des Landes zum kabarettistischen Klassentreffen.
Darunter das bereits preisüberhäufte Liedermacher-Duo Simon & Jan, das sein jüngstes Programm „Halleluja!“ zur Berlin-Premiere bringt. Die beiden vormaligen Lehramtsstudenten mit dem kultivierten WG-Bewohner-Look sind bekannt für sanft-melodiöse Akustik-Balladen mit sarkastischen Texten („Was ist das für `ne schöne neue Welt hier? Ich drück den ganzen Tag nur noch ‚Gefällt mir!’“). Und haben garantiert noch eine himmelwärts zeigende Karriere vor sich. Ganz oben angekommen ist bereits Helene Mierscheid – ihres Zeichens ehemalige Lebens- und Politikberaterin mit permanenter Sinnkrise. Mierscheid ist die fulminante Kunstfigur, die sich die Berliner Autorin und Kabarettistin Barbara Friedl-Stocks erschaffen hat. Mit „Sex, Drugs und Hexenschuss“ beleuchtet die Wuchtbrumme (passend zum Bucherfolg „Vokuhila – Als scheiße aussehen Mode war“) das Jahrzehnt, in dem das ganze Elend anfing: die 80er. Ihr Kollege Fatih Çevikkollu schließlich – der auch durch die Eröffnungsshow der Kabarettwochen führt – widmet sich in seinem neuen Programm „Emfatih – Fatih kommt gefühlsecht!“ seiner geliebten deutschen Heimat. In der werden Werte ja besonders dann geachtet, wenn’s um die Leber geht. Und wussten Sie eigentlich schon, dass weltweit mehr Menschen Zugang zum Netz haben als zu Toiletten? Kabarett im Geiste der Devise: der eine denkt vor, der andere nach.
Patrick Wildermann
Kartenbestellung für Helene Mierscheid