Maybebop mit A-Capella-Gesang vom Feinsten
VeranstaltungstippDie Entdeckung der Gesangsfachmesse chor.com 2011 in Dortmund war für mich das norddeutsche Vokalquartett Maybebop. Maybebop (von Maybe Bebop) ist die Parodie einer in die Jahre gekommenen Boy-Group. Die Texte sind so genial wie Morgenstern, Ringelnatz, Tucholsky & Co, aber ganz und gar von heute. Es geht um Casting-Shows, Beziehungs-Zynismus, peinliche Mütter, Modernisierungs-Stress, Gutmenschen-Blabla, Unterhaltungs-Industrie, Hoch-Kultur, Selbstverwirklichung, Wildecker Herzbuben, Couch Potatoes, subtile Publikumsbeschimpfung und alles, was uns täglich be- und aufregt. Oliver Gies, der Songwriter der Gruppe, improvisiert sogar auf Zuruf Lieder mit vorgegebenen Begriffen über jedes beliebige Thema in jedem beliebigen Musikstil. Die Songs sind so witzig gereimt, dass man meint, die goldenen Zeiten der Commedian Harmonists wieder auferstehen zu sehen. Aber nicht als Retro-Nostalgie, sondern aus dem Geist unserer Zeit. Show und Choreographie sind perfekt: witzig, einfallsreich, absolut synchron – phantastisch.
Was vertritt Mayebop für einen Musikstil? Schwer zu sagen. Die vier ausgebildeten Sänger aus Berlin, Hamburg und Hannover machen alles mit ihren Stimmen. Sie springen mit einem Augenzwinkern zwischen Schlager, Bebop, BigBand-Sound, Jazz, Jodeln, Techno, Country, Latin, Volkslied, Hiphop, Freddie Mercury und Pop hin und her und legen auch schon mal eine Schönberg-Parodie zum Niederknien auf’s Parkett. Zu ihren Highlights gehört die rein vokal erzeugte Beat-Box. Aber auch Kontrabass, Maracas, Trompete, Drums und Saxophon sind für die vier Jungs kein Problem. Dabei wird hinreißend mit Rollen-Klischees gespielt. Sebastian Schröder ist der seriöse Daddy, Oliver Gies der verständnisvolle Intellektuelle, Lukas Teske der Berliner Proll mit dem sexy Hüftschwung und Jan Bürger Schwiegermutters Darling. Was sie abliefern, ist eine Show, die in Beine und Hirn geht. Auch für Leute, die sonst eher nicht auf U-Musik stehen. bke