
Der Hofmaler Anton Graff
AusstellungstippDie Anton-Graff-Ausstellung der Alten Nationalgalerie bietet Einblick in die Theaterpraxis der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert.Gleich vier Berliner Intendanten der Goethe-Zeit kann man in der hinreißenden Porträt-Ausstellung bewundern, die die Alte Nationalgalerie dem aus Winterthur gebürtigen Dresdner Hofmaler Anton Graff zu seinem 200. Todestag widmet. Johann Jacob Engel (1741-1802), Erzieher Friedrich Wilhelms II. und Verfasser einer schon seinerzeit umstrittenen zweibändigen Schauspiel-Schule, sowie Karl Wilhelm Ramler (1725-1798), leiteten von 1787 bis 1792 (Engel) bzw. 1798 (Ramler) das Königliche Nationaltheater an der Stelle des heutigen Konzerthauses auf dem Gendarmenmarkt. Ein spöttisch-ironischer Zug umspielt Engels halb geöffneten Mund, ein aufgeweckter, schneller Geist blitzt aus seinen schalkhaften Augen. Graff hat ihn, die Feder neben einem Bogen Papier und einem Buch in der Hand, im Reisemantel dargestellt, als hätte er zwischen zwei Terminen schnell noch eine Pressemeldung verfasst. Ein bißchen oberflächlich wirkt er auch neben all den anderen Graff-Modellen der Ausstellung.
Ramler, leider nur in einer unvollendeten Kopie des offiziellen Porträts vertreten, schaut spießig, humorlos und pedantisch unter seiner altmodischen Dreilockenperücke drein. Unter diesem König, der einem überall inkompetent reinredete, musste man aber auch ein dickes Fell haben. Graff hat dem Monarchen, dem der junge Beethoven in der Hoffnung auf eine Hofanstellung seine Cello-Sonaten widmete und vorspielte, ein sicher schmeichelhaftes Porträt gewidmet, dem man gern in die unergründlich-wasserblauen Augen schaut. Fast noch lieber schaut man seiner langjährigen Mätresse Lieselotte Encke ins Gesicht. Dass sie die beiden bedauernswerten Theater-Intendanten gnadenlos nach ihrer Pfeife tanzen ließ, merkt man ihren liebenswürdigen Zügen nicht an.
Besser als Engel und Ramler erging es ihrem Nachfolger August Wilhelm Iffland (1759-1814), um den sich der Berliner Hof allerdings auch zweieinhalb Jahre lang bemühte. Der große Theaterreformer ist mit dem berühmten überlebensgroßen Ganzkörperbild als Pygmalion in Rousseaus gleichnamigem Melodram aus Schloss Charlottenburg vertreten. Iffland veredelte die Schauspielkunst, indem er Kostüm und Gestik (wie übrigens schon das Barock) an klassischen Skulpturen und Gemälden schulte. Zu sehen ist die Szene, in der der antike Bildhauer seine eigene Statue zum Leben erweckt. Mit dem rechten Zeigefinger imitiert er passend die Geste Gottvaters bei der Erschaffung Adams auf Michelangelos berühmtem Fresko in der Sixtinischen Kapelle. Die linke Hand ist wie erschreckend vor dem Wunder zu einem Stopp-Zeichen zurückgezogen.
Auf Iffland folgte Carl Reichsgraf von Brühl (1772-1832), der 1820 Szenen aus Goethes „Faust“ uraufführte und dabei erstmals ein dreidimensional gebautes, nicht bloß gemaltes Zimmer auf die Bühne stellte. Die Ausstellung zeigt ein glubschäugiges Jugendbild mit unmöglichem Topfschnitt und seine hinreißend schöne Frau im griechischen Kostüm mit antiker Nase. Außerdem sind Dramatiker (Lessing, Schiller, Kleist), Schauspieler (Ekhof, Brandes), Primadonnen (Charlotte Schmehling, mit erotisch aufreizendem Lolita-Appeal schon damals vermarktet) und Friedrich Wilhelms II. Tochter Friederike vertreten, der Mozart seine Klaviersonate KV 576 widmete. Sehr sehenswert. Boris Kehrmann
Alte Gemäldegalerie, Bodestraße 1-3, bis 23. Februar 2014
Di-So 10-18 Uhr, Do 10-20 Uhr, € 8,-