Hommage an Friedrich Hollaender

Vor 80 Jahren gründete Friedrich Holländer, der Komponist des „Blauen Engels“, im Keller des Theaters des Westens sein eigenes Kabarett. Tingel Tangel hieß die stets ausverkaufte Kleinkunstbühne für 300 Zuschauer, die bis Februar 1933 bestand. James Edward Lyons erinnert nun gleich nebenan in der Vagantenbühne an das Jubiläum. Die Nummern, die der ausgewiesene Kenner der Materie ausgewählt hat, stammen fast alle aus den vier so genannten Revuetten des Theaterchens: „Tingel Tangel“, „Spuk in der Villa Stern“, „Allez hopp!“ und „Höchste Eisenbahn“. Überraschend, wie viele weniger bekannte Songs und Sketche man dabei kennen lernt. Gespielt und gesungen wird famos.

Lyons hat wie einst Hollaender für seine Abende eine kleine Rahmenhandlung erfunden. Der Hausmeister stolpert auf der Suche nach einem Kurzschluss zufällig in den alten Tingel-Tangel-Keller und stößt dabei auf die Geister der Hollaender-Revuen, die hier einst zu Hause waren. Der Bühnenrahmen ist zerbrochen. Spinnweben hängen dekorativ herum. Und auch die Warnungen vor dem aufziehenden Nationalsozialismus, so geistreich, witzig und entwaffnend frech sie oft sind, haben meist etwas so Herz erwärmend Wohliges, wie die schicken Fräcke, Kleidchen und Chapeau claques dieser Operettenwelt. Bequem kann sich der Geist in den Prophezeiungen von gestern niederlassen und die Gedanken schweifen lassen. Nur einmal wird es richtig ungemütlich. Dort, wo es über Börsen, Banken, Wirtschaftskrise geht. Sollten sich 1929 und die Folgen einer Hatz auf Liberalität und Demokratie etwa doch in der einen oder anderen Weise wiederholen können? Mit dem Schrecken in den Gliedern geht man in die Pause.

Ansonsten erlebt man toll gespielte Kleinkunst. Katrin Höft trommelt als Schießbudenfigur böse gegen den Ersten Weltkriegs-Militarismus an und verkörpert im Zwillingsduo mit Katharina Koch witzig das Dilemma einer zwischen Rechts und Links zerstrittenen Republik, die leider siamesisch zusammengewachsen ist. bke