Pergamon. Panorama einer antiken Metropole
AusstellungstippGleich unterhalb des über der Stadt thronenden Athena-Heiligtums und Königsviertels fällt mit seinen 78 sich an den Berghang schmiegenden Sitzreihen das mächtige Theater von Pergamon zum Tal des Flusses Kaikos hin ab. Die 10.000 Plätze sind nur schütter besetzt. Auf dem unteren der beiden Umgänge, die den Zuschauerraum in drei Ränge teilen, schützt ein luftig-weites Zelt Ehrengäste auf weichen Kissen und Teppichen vor der glühenden Sonne. Das Bühnengebäude hinter der halbkreisförmigen Orchestra ist erstaunlicherweise nicht aus Stein, sondern ein niedriges, mit dekorativen Laubranken umflochtenes Holzgestell. Innen lotst ein Mann eine Frau in einem Holzschiff auf Rädern durch das Meer. Vier kniende Statisten schwingen lange, blaue Stoffbahnen auf und ab, um die Illusion der aufgewühlten See zu erzeugen. Welches Stück mögen die Schauspieler spielen? Die ägyptische „Helena“ von Euripides?
Auch wenn das 25 m hohe und 100 m lange Rundpanorama der kleinasiatischen Stadt Pergamon, das der persisch-deutsche Architekt und Maler Yadegar Asisi im Ehrenhof des Pergamon-Museums aufgestellt hat, keine Fragen beantworten will, sondern eher etwas zum Schauen und Staunen ist, ist sein Besuch doch außerordentlich anregend. Asisi vermittelt ein lebendiges Bild vom Leben einer antiken Metropole. Im Pergamon-Museum ist das die in der heutigen Türkei gelegene Königsstadt gleichen Namens, von der aus seit 188 v.Chr. ganz Kleinasien beherrscht wurde. Kunstvolle Lichtspiele simulieren einen 24-Stunden-Tag von Sonnenaufgang zu Sonnenaufgang. Hunde bellen, Menschen schreien, der Filmkomponist Eric Babak steuert psychedelische Klänge bei, um die Stille zu beleben.
Der Besucher erklimmt einen zehn Treppen hohen Aussichtsturm in der Mitte des Konservenbüchsenartigen Gebäudes, um aus 20 m Höhe auf die antike Stadt herabzublicken. Mitglieder der Theatergemeinde fassen nicht nur das unmittelbar zu ihren Füßen liegende griechischen Theater aus dem 2. Jh. v.Chr. ins Auge, sondern erspähen in der Ferne auch das Römische Theater für Rezitationen, das Amphitheater für Tierhatzen und Gladiatorenspiele sowie das Stadion für Wagenrennen. Hat man seine Tour einmal um die Aussichtsplattform herum gemacht, fällt hinter dem Griechischen Theater erneut eine lange Säulenhalle auf, die nicht nur zu den Eingängen des Theaters, sondern auch direkt auf einen kleinen Dionysos-Tempel zuführt und damit sinnfällig macht, dass das einst von Dionysos gestiftete Theaterspiel in der Antike immer auch eine Form von Gottesdienst war. Weiß gewandete Priester eilen die Treppe zwischen Tempel und Theater geschäftig auf und ab.
Anschließend sollte man die Pergamon-Ausstellung im Museum selbst nicht versäumen. 450 zum größten Teil noch nie gezeigte Funde aus den Depots beleuchten Entdeckungsgeschichte und Kultur der antiken Metropole. Auch hier finden sich theaterbezogene Exponate wie die zehn stämmigen, überlebensgroßen Frauenskulpturen im dritten Saal, die möglicherweise Theaterfiguren darstellten, oder die Hermen, die zum Bauschmuck des Theaters gehört haben könnten. bke
Pergamon. Panorama der antiken Metropole. Pergamon-Museum, bis 30. September 2012, Mo-So 9-18 Uhr, Do 9-21 Uhr, 18,- Euro