Zur Hölle mit Faust
VeranstaltungstippZur Hölle mit Faust ist der Klassiker der Woesner-Brothers. Ingo und Ralph W. aus B. haben die Knittelvers-Satire schon auf ihrer Hinterhofbühne im Bierlagerhaus an der Christinenstraße gespielt. Nun ist sie mit ihnen in ihr nagelneues, samtrotbestuhltes Stadttheaterchen an der Schokoladenseite des Pfefferbergs umgezogen.
Der Woesner-„Faust“ versetzt den Stoff in den Urzustand zurück, in dem Goethe ihn auf dem Jahrmarktstheater vorgefunden hat. Auch er ist gereimt, folgt dem Geheimrat sonst aber nur in groben Zügen und gewinnt ihm neue, durchaus auch schon wieder historisch gewordene Aktualität ab. Fausts Ziel ist hier nämlich, künstliches Leben zu erschaffen. Zu Forschungszwecken benötigt der bisher leider erfolglose Professor v.e.g. (von eigenen Gnaden) regelmäßig frisches Leichenmaterial. Das stiebitzt er sich mithilfe seines verkrüppelten Faktotums auf Friedhöfen. Da die Experimente des alten Grantlers trotz unentwegter Eingaben bei den zuständigen Behörden verantwortungsloserweise verkannt und ungefördert bleiben, kommt sein Ziehsohn auf die Idee, die Leichen anders zu verwerten und „aus Körpern Welten“ zu machen. Ließen sich damit nicht die nötigen Kapitalien verdienen? Der junge Mann, der aussieht wie Frankenstein Jr.s Gehilfe, heißt Günter von Wagen. Sie verstehen? Und natürlich lässt es sich Mephisto Ingo Woesner dann auch nicht entgehen, dem smarten Günther im Bedarfsfall Leichen aus China zu versprechen.
Das alles trug sich vor zehn Jahren im deutschen Sprachraum zu und löste damals „gesellschaftliche Debatten“ aus. Heute wirkt es wie ein Rückblick in eine Zeit, als wir noch jünger waren. Der Sprachwitz der kleinen Reime kitzelt unser Zwerchfall aber immer noch. „Was Du erschaffen einst in kreativem Schube, / Ist heute eine einz’ge Jauchegrube“, frozzelt Mephisto, unter seinem Menjou-Bärtchen grinsend, Gottvater auf seinem Wolkenthron an. Viel Vergnügen. Boris Kehrmann